Reisebericht von Markus Schillinger

Meine erste Reise nach Jamaika im November 2001

Nachdem mein Reisepartner nun doch lieber nach Kuba will, mache ich mich am 4.11.2001 nun alleine auf den Weg nach Jamaika. Gemäss allen Tips habe ich nur 10 Kg Gepäck im Rucksack (so wenig hatte ich noch nie). Um 10.15 geht's dann los nach Atlanta mit Delta Airlines. War irgendwie nix los dort: Nach nur 7 Min. Wartezeit habe ich schon den Zoll hinter mir. Weiter geht's nach Miami, um, dort auf Air Jamaica umzusteigen. Nach einer wirklich ruppigen Landung erfahre ich am Counter, dass de Flug statt um 7 Uhr nun wohl erst um Mitternacht startet. Also gönn ich mir halt ein schönes Bierchen. Als ich dann um 10 am Gate bin, ist alles leer und außer einem handgeschriebenen Zettel: Flight canceled gibt's keine Infos. Also noch mal zurück zum Counter, wo ich dann erfahre, dass wegen des aufziehenden Hurrikane Michele keine Flüge mehr in die Karibik starten.

Es gibt aber einen Transfer in eine nahegelegenes Hotel. Also heute kein Jamaika mehr - schade. Am nächsten Morgen zurück am Flughafen sagt mir Delta, dass alle Plätze die nächsten 7 Tage ausgebucht sind. Also muss ich mich selber auf die Warteliste setzen lassen. Die Mädels am Schalter von Air Jamaica sind wirklich nett und versuchen alles, mich irgendwie ins gelobte Land zu bringen. Um 14.15 soll's dann endlich losgehen. Mit etwas Verspätung heben wir dann auch schon um 17.30 ab. Ich bin aber irgendwie nun so relaxed, dass ich alles nur noch genieße.

Der Flug endet nun in Kingston, so dass ich noch einen Anschluss nach Montego Bay brauche. Die Bordcrew fordert uns (eine Gruppe von 10 und 3 Einzelgäste) auf, an Bord zu bleiben, da die Maschine nach MoBay weiterfliege. Nach einer halben Stunde frage ich jemanden vom Reinigungspersonal in der Maschine, wann´s weitergeht, da stellt sich raus, dass wir wohl einfach vergessen worden sind. Nach vielen lauten Diskussionen über Funk (eigentlich bräuchten die bei dem Geschrei überhaupt keine Geräte innerhalb des Flughafens) bringt uns eine Angestellte durch irgendwelche Hintertürchen direkt in die Abflughalle, wo ca. 500 Menschen wild fuchtelnd und schreiend 2 Angestellte an einem kleinen Tresen zu stressen versuchen, wir aber schon nach 20 Minuten Warten ein Weiterflugticket bekommen: Um 20.00 ausgestellt für einen 17:30 Abflug - Funny! Nach falschen Gates erreiche ich noch in der Nacht meinen ersten geplanten Stop: Das Ocean View Guesthouse.

Für 23US$ das Zimmer bekommt man ein sauberes, nur 15 Min zu Fuß vom Flughafen entferntes komfortables Bett. Für die 1. oder letzte Nacht zu empfehlen. Wenn nur nicht um 6.00 Uhr morgens die 1. Maschine direkt durchs Zimmer abheben würde - wirklich nah zum Flughafen... Sonst schlafen noch alle. Um 8.00 gebe ich dann meinen Schlüssel ab und marschiere mit dem Rucksack zu Fuß die 3km in die Stadt. Dabei komme ich an einigen der All-Inclusive Resorts vorbei, wirken mit ihren hohen Zäunen aber eher abschreckend auf mich. Vor allem schrecken mich auch die Unmengen von Bettlern und Souvenierhändler, die sogar jetzt schon um die Eingänge verteilt sind. Nach einer dreiviertel Stunde Fußmarsch erreiche ich nun das Zentrum von Montego Bay und finde gleich eine Bäckerei, wo ich mit viel Geduld einen Kaffee und ein leckeres Sugar Bun bekomme (zusammen 1US$).

Nun geht's also ins Route Taxi (nach zähen Verhandlungen kann ich einen Zuschlag für mein Gepäck abwenden) nach Sav la Mar (2 US$), wo dem nächsten Taxi nach Black River nur noch ein Passagier fehlt. Also los. Nach 2,2 US$ und einer Stunde Fahrzeit bin ich dann der einzige Passagier in Richtung Treasure Beach. Der Fahrer versucht, mir 15 US$ abzuknüpfen, erklärst sich dann aber mit den üblichen 2US$ und 4 weiteren Passagieren auf der Strecke O.K. Nach einer Super Zeit von nur 2,5h von Montego Bay erreiche ich gegen Mittag endlich Billy's Bay in Treasure Beach.

Auch wenn ich eigentlich erst am nächsten Tag erwartet werde, hat Pauline, die das Haus Irie Rest in der Abwesenheit des Chef's Lenny betreibt, ein Zimmer für mich. 2 bequeme Betten, einen begehbaren Wandschrank und alles mit Moskitonetzen an den Fenstern abgetrennt, sowie einer Dusche/Badewanne sollte mein Zuhause für nächsten Wochen werden (es wurde es wirklich!!). Nach einer Führung durch das Haus konnte ich dann den Tag beginnen mit einem kühlen Red Stripe Bier.

Das Paradies beginnt jetzt: Zum Strand sind es 100 m Meter einen Sandweg hinab, dann erwartet einen eine Meile Sandstrand, angenehm warmes Meer und natürlich der Salzwassergeruch. Am Strand treffe ich dann den Rest der Hausgäste: 2 finnische, 1 norwegisches und ein amerikan Mädel (Marianne und Cheri). Nach einer kurzen Erholungspause treffe ich dann auch Bill, den einige vielleicht als Accompong aus dem Travel Forum bei www.jamaicans.com kennen. Alle zusammen haben wir dann ein Super Dinner und ich kann, umgeben von lauter unbekannten Geräuschen endlich in einen leichten Schlaf fallen.

Am nächsten Morgen dann ein leckeres Frühstück mit Rührei, zumindest sah es so aus - O.K. - ich hatte meine ersten Ackee meines Lebens gegessen und es noch nicht einmal gemerkt. Dazu eine Tasse Blue Mountain Coffee und der Tag kann anfangen. Nach einem Spaziergang nach Treasure Beach (ca 1h zu Fuß) und den ersten Liter jamaikanischer Sonne auf meiner Haut schlendere ich den Strand entlang zurück zu Irie Rest, wo einige Jungs aus der Nachbarschaft (natürlich Fischer) eifrig dabei sind Unmengen von Fisch auszunehmen und zu entschuppen. Wer soll denn diese Berge je essen? Als dann aber am Abend gegen 9 die Party losgeht und das halbe Dorf versammelt ist, weiß ich wer.

Wir haben sogar Musik von ein paar Jungs aus dem Darf (Mädels hatte ich bisher kaum gesehen...), die mit Keyboard, Gitarre und Bongo anrückten um dann richtig Stimmung zu machen. Oh halt- es gibt doch Mädels, zumindest eines: Kaydean. Ich hatte ja eigentlich vor, mich mal von jedem Beziehungsstress zu erholen, aber wie´s so kommt, einen kompletten Abend durchgetanzt und passiert ist´s. Selbst der leckere Fisch, auf Backblech am offenen Feuer gebraten, kann mich nicht lang von der Tanzfläche abhalten. Um 3Uhr streiche ich dann die Segel und klettere die Stufen hinauf zu meinem Zimmer.

Am nächsten Morgen möchte ich mit zwei weiteren Gästen die Boots-Tour, den Black River hinauf machen. Nach 20 Min. Anfahrt über das offene Meer in einem modernen Fischerboot fahren wir in die Flussmündung ein, das Wasser wird zusehend schwarz und Mangroven mit Luftwurzeln, sowie Bambus und anderes Grünzeug lässt den Fluß verwunschen wirken. Die Krokodile im Wasser tun das Übrige dazu. Vorbei am Bob Marley Baum geht es zu einer kleinen Bambus-Hütte am Ufer, wo kaltes Bier bereitsteht. Nach einem weiteren Stop und frischen Krebsen zum Mittagessen geht's dann wieder in Richtung Heimat. Als wir dann an einem Korallenriff zum Schnorchel anhalten wollen, beginnt es zu regnen, so dass wir beschließen gleich weiter zu fahren. Mit 40km/h peitscht der Regen über unsere Haut, wir genießen es, das Süßwasser auf dem Körper zu spüren und über Wellenkämme zu springen. Juhuhh! Nach einem Dinner zu Hause kommt dann noch Karen zu uns und singen mit ihm und seiner Gitarre und Kaydean Folk und Reggae Songs.

Heute begleiten wir Bill auf seiner Tour nach Accompong, dem Ort der entflohenen Sklaven, der Maroons. Nachdem uns der lokale Taxifahrer Eric abgeholt hat und wir nach einem Reifenwechsel und sehr schlechter Strasse (soll die nächsten Monate repariert werden), landen wir Mittag dann in den Cockpits (Gebirge) im 200 Seelenort Accompong Town. Wir werden gleich von zahlreichen Kindern begrüßt. Warum sind die alle so unglaublich süß?! Unser Gastgeber Colonel (=Bürgermeister) Robbie empfängt uns mit einer Jelly Coconut (sehr jung Frucht, daher noch kein Fruchtfleisch) und zeigt uns die Zimmer: Es gibt 3 Zimmer á 25 US$; Dusche ist noch im Nachbarhaus, eigener Anschluss in Bau. Wir werden dann von Marsha durch den Ort geführt, sehen das Entwicklungsprojekt "Kräuterhaus" und den heiligen Baum. Nach flüssiger Nahrung in Form von Bier bekommen wir dann noch ein leckeres Abendessen bei Marsha. Wir fühlen uns voll als Gäste, nie als Touristen, so bekommt man einen viel intimeren Bezug zu seinen Gastgebern. Ich erfahre sehr viel über das Leben und die Probleme der Region. Dazu gehört dann auch das Ausklingen lassen des Abends bei einer Partie Domino bei Flashys (Dorfkneipe). Eine wunderbare Erfahrung von Freundschaft!!

Am Morgen geht es nach einem Frühstück mit Ölfisch, Kochbanane und frischem Brot dann gut gestärkt in den "Urwald". Entlang einem kleinem Pfad mit allen möglichen brauchbaren Pflanzen (ob gegen Kopfweh oder Arthritis) gelangen wir zum Aussichtspunkt über die Zuckerrohrplantagen der Appleton Rum Fabrik. Kurz später erreichen wir die Peace Cave, der Ort, an dem die Engländer nach 70 Jahren Guerilla Krieg quasi kapitulierten und den entflohenen Sklaven die Freiheit schenkten. Mit Marshal als Führer fühlten wir uns hervorragend aufgehoben. Ein Trip, den ich nur voll empfehlen kann, versucht aber lokale Taxifahrer, Guides, usw. zu nehmen, ihr werdet dann viel freundlicher empfangen.

Nach einigen regenreichen (allerdings täglich auch zumindest kurz die warme Sonne), aber wunderbar entspannenden Tagen konnte ich dann mit Marianne, Cheri nach Montego Bay mit dem Route Taxi aufbrechen, wo wir unseren Mietwagen, einen Suzuki-Jeep entgegennahmen. Nach einem kurzen (1.5h) Besuch in der Bank, um Geld von einer Kreditkarte abzuheben, ging's dann endlich los nach Negril, wo wir dann kurz vor Sonnenuntergang ankamen. Die ganze Kulisse der Betonbunker hat uns dann ganz furchtbar geschockt. Trotzdem sind wir natürlich noch zum "Denkmal der Touristen" gefahren, Ricks Cafe. Ist ja wirklich nett aufgemacht, du denkst du bist in Little Florida. Nur Weiße, keine echte Stimmung, außer Alkohol-Glückseligkeit. Und dann der Hammer: Nicht, dass das Bier 4.5 US$ kostet, sondern dass jamaikanischer Währung überhaupt nicht akzeptiert wird! Schock auf der ganzen Linie. Aber auf der anderen Straßenseite gibt's zum Glück einen jamaikanischen Shop mit guten, günstigen Red Stripe- Puhh. Also nix wie zurück nach Hause (!), Negril ist wohl nix für mich. Dafür gabs dann am Heimweg noch ein leckeres Essen in einem kleinen Restaurant am Straßenrand.

Am nächsten Tag wollen wir dann mal unsere Gegend von oben betrachten. Dazu kommen heute auch Kaydean und als hervorragender Führer unser Musiker Karen mit uns. Nach einem traumhaften Blick über die Küste und einem Foto vom Geburtshaus Peter Tosh geht's dann weiter in das neugebaute "Memorial" Lovers Leap. Hier hat man einen atemberaubenden Blick in die Tiefe und aufs nur 2 km entfernte Meer. Und wer würde heute noch aus Liebe in den Tod springen? Am Abend dann im 10 km entfernten Ort eine Strassenparty. Tanz (Log on), schauderhafter Dancefloor als Untermalung und natürlich Red Stripe.

Langsam wird schwer. Ich fang gerade an, etwas vom Leben in Kaydeans Familie mitzubekommen, fahr Freunde und Mutter ins Training und die Arbeit, geh mit der kleinen Schwester an den Strand und will überhaupt nicht mehr weg. Nur noch 3 Tage. Ich schlaf schon schlecht. So hart war's noch nie. Ich habe mich total verliebt, in Jamaika und eine Jamaikanerin und soll zurück ins (gefühls-) kalte Deutschland. - Schauder...

Die letzten Stunden vergehen wie im Flug, morgen früh muss ich in Montego Bay sein. Am Abend soll meine Abschiedsfeier sein. Ich will sie nicht, hab ja jetzt schon ständig Tränen im Auge. Dann lieber ein Dinner mit den Mädels. Nochmal Geruch, Deschmack und Geräusche in mir aufsaugen und..... Abfahrt zum Flughafen um 5 Uhr morgens. Lennie und Pauline und Marianne verabschieden sich in aller Früh, dann geht's über dunkle Strassen, vorbei an Kühen und anderen Viechern. Dann in Mobay Innenstadt beim Kaffee eine sehr unangenehme Erfahrung mit Typen (niemandem vertrauen!), und dann auf zum Flughafen.

Natürlich ist mein Flug verlegt, würde den Anschlussflug nach Deutschland verpassen, also wieder selbst drum kümmern und mit Hilfe von netten Air Jamaica wird alles gut. Ich komme sicher ganz bald wieder! Jamaica... I love you.

Markus im Dezember 2001

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